Lk 2,22-40
Liebe Schwestern und Brüder,
das heutige Fest der Darstellung des Herrn im Tempel oder Maria Lichtmess, wie es auch genannt wird und an die Kerzenweihe erinnert, die mit diesem Fest verbunden ist, bildete einst den Abschluss der Weihnachtszeit. Denn das Evangelium führt uns noch einmal in die Kindheit Jesu zurück. Vierzig Tage nach der Geburt eines Knaben sollte nach dem jüdischen Gesetz ein Reinigungsopfer für die Mutter dargebracht werden; und außerdem sollte die Erstgeburt dem Herrn geweiht werden. Es war auch ein Zeichen dafür, dass das Kind in die Gemeinschaft aufgenommen wurde und die Mutter nicht nur als die Trägerin des Lebens, sondern für das Judentum auch des Glaubens gesegnet wurde. Denn im Judentum ist die Mutter entscheidend für die Glaubensweitergabe. In dieser Hinsicht lenkt diese religiöse Feier auch den Blick auf die Mütter dieser Erde. Mit Maria denken wir an die vielen Frauen, die unter großen Schwierigkeiten Kinder zur Welt bringen müssen, sie begleiten und großziehen müssen und dabei oft viele Probleme haben. Denken wir an die Mütter in Afrika, die Mütter in den Flüchtlingscamps in der Kälte in Weißrussland. Maria teilt dieses Schicksal der Flucht. Sie steht an der Seite der Mütter, die ihre Kinder allein aufziehen müssen, die verlassen und ausgebeutet werden. Trotz allen Fortschritts der Medizin haben es die Frauen und Mütter oft sehr schwer, sie tragen oft die Hauptlast der Familie und der Erziehung. Der Evangelist Lukas stellt die Mutter Maria in den Mittelpunkt seiner Erzählung, anders als Matthäus, dessen Bericht mehr auf Josef ausgerichtet ist. Damit zeigt Lukas wie auch sonst im Evangelium eine besondere Sensibilität für die Frauen. Das wird auch deutlich, dass er nicht nur Simeon im Tempel erwähnt, sondern auch Hanna und sie als Prophetin bezeichnet. Auch hier erwähnt er ihr hartes Schicksal: sie war nur sieben Jahre verheiratet, dann viele Jahrzehnte Witwe. Wie hart war in der Antike das Leben der Witwen (Doktorarbeit).
Doch in der Schwäche sind die Akteure von Weihnachten und vor allem die Frauen nicht ohnmächtig. Das Evangelium betont die große Bedeutung der Frauen für die Familie, für die Gesellschaft. Das muss auch heute betont werden, obwohl die Frauen heute in unserer Gesellschaft zum Glück eine bessere Stellung und viel mehr Möglichkeiten haben. Doch diese Zeit der Pandemie hat auch ihr Leben schwierig gemacht, die Zahl häuslicher Gewalt gegen Frauen ist in diesen Monaten stark angestiegen.
Das Evangelium lehrt uns heute den Wert der Frauen. Der Glaube Marias war die Voraussetzung, dass Jesus behütet aufwachsen konnte und die religiöse Begleitung erfahren konnte, die ihn geprägt hat. Simeon und Hanna erinnern an die ältere Generation, die Großeltern und heute oft auch Urgroßeltern. Sie sind nicht resigniert, sondern glücklich, obwohl sie wissen, dass ihr Leben sich dem Ende zuneigt. Sie jubeln und haben viele gute Worte für diese junge Familie. In Simeon und Hanna können wir ein wenig ein Bild für unsere Bruderschaft erblicken. Welche Aufgabe haben wir? Wir stehen an der Seite der Menschen und begleiten sie durch unser Gebet, wie Simeon und Hanna, die viel beim Gottesdienst im Tempel waren. Sie haben gute Worte und ein offenes Herz für die anderen. Das Gebet schenkt ihnen eine Weisheit, sodass sie das Leben verstehen. Denn das Leben ist nicht nur Beruf, Arbeit, Karriere, es ist Gemeinschaft, Hoffnung und manchmal auch Leid und Schwierigkeit. Simeon und Hanna bezeugen, dass wir das Leben froh bewältigen können und auch Leid überwinden können, wenn wir fest im Herrn und im Glauben verwurzelt sind. Maria erinnert uns an die Frauen unserer Zeit, für die wir heute beten wollen. Indem sie Jesus in den Händen hält und zeigt, weist sie uns auch auf die vielen Kinder hin, die es nicht leicht haben und manchmal voll Angst und Ungewissheit in die Zukunft schauen. Viele haben in diesen Monaten der Pandemie gelitten, viele Dinge – die Kinder halt so machen – waren nicht oder nur eingeschränkt möglich. Bitten wir auch für die Kinder in unserem Land und auf der ganzen Welt, dass sie eine gute Zukunft haben und dass das Kind von Betlehem, das uns Maria heute vor Augen stellt, viele aufrichtet, wie Simeon sagt. Vor allem diejenigen, die Hilfe brauchen. Bitten wir auch für uns selbst, dass wir treu sind wie Hanna im Gebet und beharrlich in der Fürbitte, das braucht unsere Welt und das wird viele aufrichten und ihnen Kraft schenken.
Dr. Matthias Leineweber im Februar 2022